Reformation to go
Der Begriff ‚Ausstellung‘ täuscht. Vergebens suchte man 2017 in Wittenberg eine kuratierte Sammlung von Exponaten, zumindest was die Weltausstellung Reformation anging. Stattdessen fanden Besucher sieben sogenannte „Tore der Freiheit“, verteilt in den Wallanlagen rund um die Innenstadt. Sie trugen Namen wie Globalisierung“, „Jugend“, „Spiritualität“ oder „Ökumene und Religion“ und zeigten unterschiedlichste Installationen – eine haushohe Bibel, spiegelnde Stege, einen Teich voller kaputter Holzboote, hängende Gärten, Wunschwolken oder einen Raum voller Schuhputzkästen.
In einem Hochschulwettbewerb entstanden die Gestaltungsideen für die Torräume. Als es um die konkrete Umsetzung ging, kam FAIRNET ins Spiel. Infrastruktur, Technik und auch sonst alle Voraussetzungen für den Aufbau mussten her – und das an jedem einzelnen Ort. Auf dem Papier waren das rund 70 Einzelaufträge. Eine Zahl, die letztlich aber nichts erzählt über die monatelangen Vorbereitungen mit vielen Überraschungen und noch mehr Abstimmungsbedarf bei der Arbeit in einem Gartendenkmal und in Nachbarschaft zum UNESCO-Weltkulturerbe der Lutherstadt.
Äußerst lebhaft und laut ging es zu Luthers Zeiten an den Stadttoren Wittenbergs zu. Um in die Stadt zu gelangen, führte kein Weg an ihnen vorbei und sie waren mehr als eine Öffnung in der schützenden Mauer. Hier wurden Zölle erhoben, Recht gesprochen, gehandelt, gefeilscht, bestimmt auch gelacht und gestritten... Nach Luthers Thesenanschlag zog es mehr und mehr Gelehrte und Studenten nach Wittenberg. Schon an den Toren wurde das Tagesgeschehen diskutiert, neuester Klatsch verbreitet und Nachrichten ausgetauscht. Als Orte der Kommunikation und Auseinandersetzung inspirierten diese Tore 500 Jahre später die Weltausstellung Reformation. Wie bereits 1517 wurden auch im Jahr 2017 Torräume entlang der historischen Wallanlagen zu Orten der Auseinandersetzung mit den großen Themen
unserer Zeit.
Bildnachweise
Lutz Zimmermann, Erik Kemnitz