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Das 360° Journal der FAIRNET #Messen #Events #Kongresse

Entspannen Sie sich!

Wie Schauspieler Lutz Herkenrath seine Zuhörer begeistert, durfte das FAIRNET-Team erleben, als der Schauspieler und Speaker beim Sommercamp zu Gast war. Einen Nachmittag lang ging es um Wandel und Wohlfühl-Zonen, um Chancen und Augenhöhe. Im Interview gibt Lutz Herkenrath noch ein paar Tipps.

Was braucht es für einen überzeugenden Auftritt?

Zunächst geht es um die Klärung meiner Stärken: Was kann ich richtig gut? Worauf bin ich stolz? Wo fühle ich mich zu Hause? Und dann gibt es ein paar kleine Korrekturen, die ich jederzeit machen kann und die einen großen Effekt haben. Zum Beispiel, dass ich mich entspanne. Das klingt banal, ist aber extrem wichtig. Ob bei einer Bewerbung, in einem Konfliktgespräch oder vor einem Rendezvous – es ist meine größte Aufgabe, mich im Vorfeld emotional zu klären und mich im Gespräch zu entspannen. Und das gelingt am besten durch Atmung.

Es heißt ja oft, bei Aufregung solle man zehn Mal tief durchatmen.

Das hilft in jedem Fall, denn wenn wir das in einer angespannten Situation nicht tun, atmen wir nur ganz flach. Wir wollen die unangenehmen Gefühle nicht spüren und stecken fest. Wir müssen uns aber erlauben, dass die Energie wieder fließt. Dafür ist es hilfreich, herauszufinden, was mich eigentlich gerade anstrengt. Was lässt denn meinen Puls beschleunigen? Versagensangst? Lampenfieber? Prüfungsangst? Wenn ich das weiß, gibt es mehrere Möglichkeiten, damit umzugehen. Die schlechteste Möglichkeit ist, so zu tun, als wäre es nicht da. Die beste Möglichkeit ist, es zuzugeben. Und sofort, wenn ich das tue, entspannt sich mein System. Es muss nichts mehr kaschieren und muss nicht mehr so tun als ob. Und schon kann der Atem, die Lebensenergie wieder fließen.

Sind auch Sie immer mal wieder aufgeregt?

Ja, ich habe damit seit 30 Jahren zu tun. Das ist ein bisschen lästig, denn die Sorge zu versagen, steht in keinem Verhältnis zu dem, was danach passiert. Wir gehen in einen Kriegsmodus, der nicht angemessen ist. Ich kann darüber meckern, so wie ich über Regen meckern kann, aber deswegen hört der Regen ja nicht auf. Und so ist es mit meiner Aufregung: Die hört erst dann auf, wenn ich sie annehme und mich entspanne. Dann passieren Wunder.

Wunder?

Während Corona war das ja nicht möglich, weil es keine Live-Events gab. Aber vorher ist es oft passiert und es funktioniert auch jetzt wieder bei Präsenz-Veranstaltungen: Ich hole manchmal jemanden auf die Bühne, um das zu üben. Es ist für alle sofort zu spüren, wenn dieser Mensch sich in das hinein entspannt, was er in dem Moment wirklich ist. Seine Ausstrahlung wird augenblicklich besser und er wird dadurch sichtbar. Und dieses Sichtbar werden ist so wichtig! Denn ein Mensch möchte nicht mit einer Funktion kommunizieren. Es nützt mir nichts, wenn jemand Generaldirektor oder Vorstandsvorsitzender ist. Wenn ich kann, möchte ich mit dem Menschen sprechen.

Geht es dabei auch um Vertrauen?

Genau. Vertrauen entsteht dadurch, dass ein Mensch mich in sich hineinblicken lässt und ich das Gefühl habe, diesen Menschen zu spüren. Nach einem Gespräch erinnere ich mich oft nicht mehr daran, was mein Gegenüber gesagt hat, ich weiß aber genau, wie ich mich mit diesem Menschen gefühlt habe. Und auch die Entscheidung, ob wir etwas kaufen, ob wir jemandem vertrauen oder eher desinteressiert sind – all diese Entscheidungen werden emotional getroffen, nicht rational. Es hat also weniger damit zu tun, was ich sage, als vielmehr damit, wie ich es sage.

Lässt sich das auf Gespräche mit Geschäftspartnern oder Kunden übertragen?

Natürlich. Auch die Entscheidungen eines potenziellen Kunden werden zu einem überwältigenden Anteil emotional getroffen. Wir können im Nachhinein Fakten prüfen, aber in dem Moment eines Gesprächs reagiert unser Bauch. Ein Kunde kauft etwas, weil er es mag und nicht, weil er von dem Produkt oder von einem Konzept überzeugt ist. Er kennt es ja noch gar nicht. Hinzu kommt der Faktor Hoffnung. Wenn ich etwas mag, beinhaltet das ein Versprechen: Ich habe die Hoffnung, dass mein Projekt mit dieser Investition erfolgreich wird. Ob das so sein wird, weiß ich erst viel später. Aber es ist die Hoffnung, die mich kaufen lässt.

Gibt es ein Rezept, einen Menschen zu beeindrucken?

Ich glaube, dass uns Menschen beeindrucken, die spürbar sind – mit all ihrem Mensch-Sein, ihren Werten, ihrem Glaubenssystem und dem daraus resultierenden Verhalten. Es ist faszinierend, einem Menschen zuzuhören, der bei sich ist und eben nicht außer sich ist. Wir wollen zwar immer gern wissen, was andere von uns halten, sonst würden wir nicht über Wirkung und Ausstrahlung reden. Aber der Schritt davor ist – was halte ich denn selbst von mir? Mag ich mich? Meine innere Haltung wird nach außen sichtbar und wenn ich mich nicht mag, und damit auf die Bühne meines Lebens gehe, fällt das auch anderen auf. Wenn ich mich aber mag, wenn ich großzügig und freundschaftlich mit mir umgehe, dann strahle ich genau das aus. Andere Menschen fühlen sich dann mit mir wohl und mögen mich auch. Ein Mensch, der sich mag, ist unglaublich attraktiv.

Können Sie einen magischen Moment benennen?

Ja - während meiner Vorträge, bei meinen kurzen Gedichten. Da ist jeder ganz bei sich. Dann entstehen Pausen. Zehn Sekunden Pause auf der Bühne sind sonst eine Ewigkeit und das geht auch nur, wenn das Publikum damit einverstanden ist und wir in dieselbe Richtung schauen. Dann ist das Auf-der-Bühne-Stehen wie verdichtete Wirklichkeit und intensiver als alltägliche Momente. Das ist jedes Mal ein magischer Moment.

Ihr Buch heißt „Wirken kommt vom Selbst“ – was meinen Sie damit?

Für mich als Schauspieler ist nach mehr als 30 Berufsjahren auf der Bühne und vor der Kamera klar, dass unsere Ausstrahlung, wie wir auf andere Menschen wirken, mit unserer inneren Einstellung zu tun hat. Es ist nicht dem Maskenbildner geschuldet oder einem hübschen Antlitz – es ist die Haltung, die innere Einstellung zu meinem Gegenüber, zu der Situation und zu mir. Das gilt übrigens auch bei Webkonferenezen wie Zoom o.ä. Deswegen glaube ich, dass das Selbst und damit das, was wir wirklich als Menschen sind, unser Wirken bestimmt.

Bildquelle: Lutz Herkenrath